Nabhani

Am 07. März haben wir Dich zu uns geholt. Genau ein Jahr und einen Tag nach der Geburt von Barney, unserem ersten Ridgeback-Welpen, der letztes Jahr im November so dramatisch gestorben ist.
Wie beginnt man ein Tagebuch nach so einem Verlust und so tiefer Trauer, ohne dass es sich liest, als wärst Du ein Ersatz für Barney?
Ich habe es nicht gewusst, aber Du hast es uns sofort gezeigt: Du bist völlig anders 😉 Du bist Nabhani 😉 Du bist sehr, sehr verkuschelt – immer Körperkontakt. Und Du bist auch sehr, sehr verspielt und neugierig. Beißt in unsere Füße, ziehst Ladekabel aus der Steckdose, zerrst Jacken vom Stuhl. Nichts ist vor Dir sicher! Aber ein strenges „Nein“ lässt Dich innehalten und dann wirfst Du mir einen langen fragenden Blick aus Deinen großen Augen zu. Um dann auch schon wieder die Augen umher blicken zu lassen – von einer Seite des Zimmers zur anderen, so extrem, dass das Weiße am Rand der Pupille gut sichtbar wird – um ja nichts zu verpassen.

14.03.2020
Was für ein Wirbelwind ist mit Dir bei uns eingezogen! Welche Spielfreude und Ausdauer – wenn Du mit uns alleine bist.
Fremden gegenüber bist Du noch sehr schüchtern, suchst bei uns Schutz. Schnüffelst nur sehr sehr vorsichtig an der angebotenen Hand. Mit uns alleine mischst Du die Wohnung auf. Nehme Dir einen geklauten Schuh ab, Du brauchst keine Sekunde, um den anderen zu holen – am besten im Vorbeilaufen noch das Spültuch runter reißen und an der Steckdose lecken, oder das Ladekabel aus der Wand ziehen. Aber Du beißt uns nicht mehr ständig in Füße und Beine, wir machen Fortschritte 😉 Und Du bist unglaublich lernbegierig: „Schau“, „Sitz“, „Hier“ sind Kommandos, die Du überwiegend befolgst. Und dafür auch belohnt wirst. Gestern haben wir den ersten längeren Spaziergang im Wald gemacht, Dich immer wieder getragen. Gelaufen bist Du aber auch, hast das erste Moos geknabbert, am ersten Mauseloch gegraben.



17.03.2020
„Ist das ein Boxer?“, „Der Hund will, dass Sie vorgehen….“, „Darf ich ihn mal streicheln?“, „Sie können in den nächsten Wochen gerne zum Streicheln vorbei kommen……..“, „Wie teuer ist denn so ein Hund?“ und immer wieder: „Ohhhhhh – ist der süß!!!! “Ich hatte sie fast vergessen, die Fragen und ungefragten Erziehungsratschläge meiner Umwelt. Und heute sind das ja alles sehr nette Begegnungen gewesen.

18.03.2020
Jo und ich sitzen morgens kurz nach acht Uhr auf der Bank am Lietzensee eng nebeneinander. Jo hat Nabhani auf seinem Schoß. Ein Mann kommt vorbei, sein Hund läuft neben ihm. Er bleibt vor uns stehen, lächelt uns verschmitzt an: „Das geht aber ab morgen nicht mehr, so nah beieinander zu sitzen.“ „Wir werden darauf achten. “Wir lächeln uns alle verschmitzt an. „Was für Zeiten,“  sagt er noch und spaziert weiter. Ein Paar kommt schlendert an unserer Bank vorbei. Sie lächeln uns an, mit Blick auf den Hund: “Der  sieht aber sehr schön aus. Und das hören Sie bestimmt sehr oft.“Wir grinsen: „Ja, es ist aber auch schön das zu hören.“Eine Frau kommt langsam mit ihrem betagten Hund angeschlendert. Bleibt auch vor uns stehen. Sie lächelt mit Blick auf ihren Hund und sagt: „Sie ist schon manchmal etwas vergesslich und weiß dann gerade nicht wo wir sind.“ “Wie alt ist sie denn?“ “Sie ist jetzt zwölf Jahre alt.“ „Dann darf sie das ja wohl auch!“ “Ja, das darf sie jetzt alles. “Die Frau sieht ihren Hund liebevoll  an: „Sie darf jetzt alles, sie darf auch auf das Sofa springen… Wenn sie es schafft.“Die beiden gehen weiter. Die Sonne scheint auf uns und auf den Lietzensee und auf alle die gerade unterwegs sind. Was für ein nettes und freundliches Miteinander in Zeiten der Corona Krise, wertschätzende, zugewandte, freundliche Kommunikation. Miteinander leben in Berlin!

03.04.2020
Morgens bin ich mit Nabhani am Lietzensee gewesen.
Wir haben immer unsere Wiese auf die wir gehen.
Ich habe heute meinen Augen nicht getraut: offensichtlich glauben ganz viele Hundebesitzer, dass sie nun während der Corona-Pandemie die Kacke von ihren Hunden nicht mehr einsammeln müssen, weil sie ja nicht mehr so beobachtet und kontrolliert werden.
Wir mussten die Wiese wieder verlassen, weil es nicht möglich war auch nur fünf Schritte zu laufen, ohne wieder einem Riesenhaufen Hundekacke ausweichen zu müssen.
Wie soll ein Miteinander in dieser Welt funktionieren, wenn Menschen offensichtlich nur mit Kontrolle und unter Androhung von Strafen in der Lage sind die Scheiße von ihren Hunden wegzuräumen.
Ich glaube, genau so gehen sie auch mit anderen Menschen um, haben einfach nur ihre eigene Situation, ihr eigenes Wohlbefinden im Blick, interessieren sich nicht einmal im Ansatz für die Bedürfnisse anderer Menschen und die Notwendigkeit füreinander zu denken.

April 2020
Ich bin mit Dir an der Leine auf dem Rückweg vom Charlottenburger Schloss. Wir laufen den Bürgersteig entlang, trödeln ein bisschen. Aus den Augenwinkeln sehe ich, dass ein Mannschaftswagen der Polizei langsam auf unserer Höhe neben uns her fährt. Ich schau mal kurz rüber.
Habe ich gegen eine der Regeln während der Corona Pandemie verstoßen?
Vielleicht nicht genug Abstand zu irgendwem oder irgendetwas gehalten?Oder ist dem Beamten aufgefallen, dass du noch keine Steuermarke trägst?Der Wagen hält und der Beifahrer kurbelt das Fenster herunter.
Ich bleibe also auch stehen.
“ Ist das ein Ridgeback Welpe?“
“ Jaaaaaa…………..“
„ Meine Freundin möchte ja auch unbedingt einen Hund haben, ich glaube die Entscheidung ist jetzt gefallen. Sie bekommt ihren Hund: einen Ridgeback“
In der Folge entwickelt sich ein freundliches Gespräch zu dieser Hunderasse, den Eigenschaften dieser Hunde, Größe, Gewicht, Züchter, Preis.
Die Beamten im Innenraum des Busses schauen auch interessiert an den Autoscheiben, möchten wissen worüber wir so lange reden.
Und die Autofahrer in den Autos hinter dem Mannschaftswagen warten geduldig ein bisschen 😉
“Na, dann wünsche ich Ihnen viel Freude mit ihrem Hund!“
“ Vielen Dank!“
Gemütlich ziehen wir beide weiter die Straße entlang nach Hause.

12. April 2020
Letzte Woche haben wir Annabel mit ihrem Hund Santos getroffen und gestern einen Ausflug mit Sabine mit Sinja gemacht.
Die beiden Hunde sind Geschwister von unserem verstorbenen Barney.
Es war so schön die beiden Frauen zu treffen!
Die Traurigkeit um den Verlust von Barney war unmittelbar spürbar und gleichzeitig die Freude über diese beiden einjährigen Hunde, die ihren Besitzerinnen so viel Freude bereiten.
Und du, Nabhani, hattest gar keine Schwierigkeiten beide sofort zum Spielen aufzufordern, mit ihnen herum zu tollen und zu wirbeln.
Für mich sind das zwei Gefühle gleichzeitig gewesen: die Trauer um Barney und die Freude darüber, dass du jetzt mit seinen Geschwistern spielen kannst und auch auf diese Art und Weise immer an ihn gedacht wird.

Santos und Nabhani
Sinja und Nabhani

15. April 2020

Gestern hat mein Herz als Hundemutter ja ganz hoch geschlagen. Ich hatte mit Nabhani eine Einzelstunde bei Joanna zum Hundetraining vereinbart. Am Treffpunkt haben wir beide schon eine kleine Übung gemacht: bei Fuß laufen. Ein Vater, der mit seinen beiden Kindern an uns vorbei gegangen ist, hat auf dich gezeigt und sich dann zu seinen Kindern gewandt und gesagt: „ Seht ihr, der muss auch üben!“ Und wir haben wieder ganz viele Komplimente bekommen von Menschen die an uns vorbeigegangen sind: “Was für ein schöner Hund!“ “Der hört ja schon ganz gut, obwohl er noch so jung ist.“Es ist so schön, dass du so vielen Menschen ein Lächeln ins Gesicht zauberst – trotz dieser schwierigen Zeit.
Und dann hatten wir beide eine wundervolles Einzeltraining im Park mit Joanna, der Hundetrainerin.Sie hat uns gelobt, weil du schon so gut auf meine Kommandos hörst und so eine enge Bindung an mich hast. Dazu der Sonnenschein.Alles perfekt. Vielen Dank!

4.7.2020

Gerade eben kam uns ein Mann auf dem Bürgersteig mit dem Fahrrad entgegen. Er hatte vorne am Fahrrad eine kleine Ladefläche auf der sich ein großer Erdbeerkuchen befand.
Er hielt an und sagte: „ Darf ich Sie kurz mal ansprechen.“
Fragend haben wir ihn angesehen.

„Ich habe sie schon so oft mit dem Hund gesehen. Ihr Leben war ohne Hund bestimmt nicht unglücklich, aber jetzt wenn ich sie mit dem Hund sehe, sehe ich sie immer lächeln. Mit einer Selbstverständlichkeiten gehen Sie mit dem Hund um und man merkt ihre Freude daran.“
„ Vielen Dank wir haben auch sehr viel Freude mit dem Hund. Wir hatten schon mal einen Ridgeback, Barney, den haben wir mit acht Monaten durch Epilepsie verloren. Wir haben sehr geweint. Und jetzt haben wir die wunderbare Möglichkeit mit Nabhani Leoto, was so viel wie sensible Pfote bedeutet, noch einmal einen jungen Hund zu haben.“

„ich bin ja ihr Nachbar,“ sagte der Mann „ich habe Sie schon oft gesehen und schon immer vorgehabt sie anzusprechen.“

Wir haben uns gegenseitig einen schönen Tag gewünscht und Jo und ich haben auf dem Weg in die Wohnung noch einmal festgestellt wie schön es mit Nabhani ist. Auch wenn das Heranwachsen eines jungen Hundes manche Herausforderungen mit sich bringt. Wir kamen nämlich gerade vom Schlosspark zurück, wo die Übungen mit Nabhani eher mäßig gelaufen waren………

Unser Nachbar hat uns genau im richtigen Moment ein Kompliment gemacht, das uns unsere besondere und glückliche Lebenssituation bewusst gemacht hat.